Was muss ich beachten, wenn ich als Frau ein MINT-Fach studiere?

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Gleich vorab: Wenn Ihre Interessen im MINT-Bereich liegen, dann bleiben Sie dabei! Frauen sind in diesem Bereich untervertreten: 2021 waren nur 34,5 Prozent der Studienanfänger:innen im MINT-Bereich weiblich (Statistisches Bundesamt 2023). Probleme zieht die Unterrepräsentation von Frauen im MINT-Bereich nach sich, wenn zum Beispiel Algorithmen stärker auf Männer ausgerichtet sind, weil sie vor allem von ihnen entwickelt werden. Auch technische Geräte sind beispielsweise in ihren Größenverhältnissen auf die typische männliche Hand angepasst, wogegen Frauen durchschnittlich kleinere Hände haben. Der MINT-Bereich braucht Sie also!

Warum stehen Frauen im MINT-Studium vor anderen Herausforderungen als Männer?

Vorurteile, nach denen Frauen von Natur aus geringere Begabungen und Fähigkeiten für den MINT-Bereich mitbrächten, sind falsch. Auch gibt es keine geschlechtsspezifischen neurologischen Unterschiede des Gehirns, die diese Vorurteile rechtfertigen. Dennoch hören Mädchen von Kindheit an, sie seien schlechter in Naturwissenschaften und Schulfächern wie Mathematik als Jungen. Diese Vorurteile werden verinnerlicht und führen, wie Cooper (2006) nachweist, zu schlechteren Einschätzungen der eigenen Kompetenzen, zu Unsicherheiten im Umgang mit technischen Anwendungen und zur Entwicklung einer „Computer Anxiety“. Bereits das Wissen darum, zu einer Gruppe zu gehören, über die Stereotypen bestehen, kann zu einer schlechteren Leistung führen – obwohl die Fähigkeiten genauso gut ausgeprägt sind wie bei der besser abschneidenden Gruppe. Diese selbsterfüllende Prophezeiung wird als „Stereotype Threat“ bezeichnet. Begünstigt werden kann dieser Effekt durch die Unterrepräsentation von Frauen im MINT-Bereich, da sie sich wegen dieser oft weniger wohlfühlen und zusätzlich unsicher werden.

Was für Schwierigkeiten werde ich begegnen und wie kann ich mit ihnen umgehen?

  • Andere werden überrascht reagieren, wenn Sie von Ihrer Studienwahl erzählen.

Bleiben Sie cool. Lächeln Sie und erklären Sie, weshalb Sie sich für das entsprechende Fach interessieren. Sie können auch darauf eingehen, dass Frauen im MINT-Bereich aus den oben erläuterten Gründen dringend gebraucht werden.

  • Andere werden Ihre Befähigung anzweifeln.

Lassen Sie sich nicht verunsichern. Vertrauen Sie auf Ihre eigene Einschätzung Ihrer Kompetenzen. Erklären Sie, dass es keine naturgegebenen Unterschiede zur geschlechtsspezifischen Befähigung zum MINT-Bereich gibt und dass eventuelle Unterschiede auf Stereotypen zurückzuführen sind, die verinnerlicht wurden.

  • Dozierende können Ihre Befähigung anzweifeln.

Je nachdem, wie sich dies äußert, haben Sie verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Vergeben Dozierende geschlechtsdiskriminierende Noten, können Sie diese anfechten. Werden in der Lehrveranstaltung sexistische Kommentare geäußert, können Sie das Gespräch mit den Dozierenden suchen, am besten mit einer Gruppe, die ähnlich empfindet wie Sie. Ist kein Gespräch mit den Dozierenden möglich oder wünschen Sie sich dabei Unterstützung, können Sie sich an die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule, Dr. Angela Freche, wenden, oder an den Konfliktlösungsbeauftragten Steve Sokol.

  • Kommilitonen können Sie für weniger intelligent halten.

Vor allem männliche Kommilitonen können Ihre Kompetenzen in ähnlicher Weise anzweifeln wie Außenstehende. Sie können abwertende Kommentare machen oder Mansplaining betreiben. Setzen Sie sich zur Wehr: Sagen Sie Ihre Meinung und stehen Sie zu ihr. Wenn das nicht hilft, sprechen Sie die Kommilitonen auf ihr Verhalten an. Auch die Dozierenden können Sie dabei unterstützen.

  • Sie werden als Frau einer Minderheit angehören.

Weil Frauen in MINT-Fächern untervertreten sind, werden Sie sich in Lehrveranstaltungen und Gruppen mit wenigen anderen Frauen wiederfinden. Vielen ist das unangenehm und sie bekommen Zweifel, ob sie am richtigen Platz sind. Schließen Sie sich mit den anderen Frauen zusammen, um weniger allein zu sein und sich über ihre Erfahrungen auszutauschen. Mehr dazu können Sie im Beitrag zur Rolle als einzige Frau im Raum [Beitrag darüber verlinken] lesen. Lassen Sie sich nicht entmutigen: Nur wenn mehr Frauen wie Sie ein MINT-Fach studieren, wird sich etwas an ihrer Unterrepräsentation und den herrschenden Stereotypen ändern!

Quellen

Cooper, Joel (2006): The digital divide. The special case of gender. In: Journal of Computer Assisted Learning, Jahrgang 22, Heft 5, S. 320–334.

Statistisches Bundesamt (2023, 23. Januar): 6,5 % weniger Studienanfängerinnen und -anfänger in MINT-Fächern im Studienjahr 2021. Pressemitteilung Nr. N004 vom 23. Januar 2023. (abgerufen am 10. Juli 2024).